Buchvorstellung: Liebe ist ein seltsames Kind
cloudy März 31st, 2014
Buchvorstellung:
Liebe ist ein seltsames Kind
von Amy Bloom
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Ultrakurzbeschreibung:
Kurzgeschichtensammlung mit sehr ungewöhnlichen Inhalten. Die erste Kurzgeschichte handelt von einem unbeschwerten Sommerurlaub einer Familie samt Geliebten der Mutter, der vom Vater sehr herzlich behandelt wird, erzählt aus der Perspektive eines Kindes.
Kurzbeschreibung:
Es beginnt mit der Geschichte eines Sommers und einer unerhörten Liebe: Ellen und ihre Schwester Lizzie, elf und acht Jahre alt, fahren wie jedes Jahr mit ihren Eltern in das Ferienhaus in Maine. Und wieder ist auch die gleichaltrige Gisela DeCuervos mit ihrem Vater zu Gast – Giselas Mutter verbringt den Sommer in Argentinien. Alles scheint wie immer, und doch spürt Ellen, dass etwas Besonderes vorgeht zwischen den drei Erwachsenen. Etwas, das nur wenig zu tun hat mit den überkommenen Vorstellungen von ehelicher Treue und Zweisamkeit. Erst viele Jahre später begreift Ellen, wie mutig und wie groß die Liebe dieses Sommers in Maine gewesen ist, und schöpft daraus Kraft für eine Entscheidung, die ihr eigenes Leben grundlegend verändern wird.
Rezension von Cloudy:
Die erste von 12 Kurzgeschichten, nur 24 Seiten lang, beschreibt eine harmonische Polybeziehung, allerding nur szenenhaft, so dass viele Details im Unklaren bleiben. Bei allen Geschichten im Buch geht es um Liebe in ungewöhnlichen Situationen oder Zusammenhängen. Einige der Figuren begegnen dem Leser sogar in einer anderen Geschichte wieder, an einem anderen Punkt ihres Lebens, aus einem anderen Blickwinkel beobachtet. Die Geschichten dringen in die entlegendsten Winkel menschlichen Handelns und Empfindens vor und eröffnen zuweilen unerwartete, verblüffende Perspektiven. (Die anderen Geschichten im Buch haben keinen Poly-Bezug.)
Die erste Geschichte hat mir wegen ihrer unkomplizierten Leichtigkeit gefallen, die trotzdem nicht zum Kitsch verkommt. Die Erzählperspektive ist ungewöhnlich: Den Kindern ist einiges am Verhalten der Erwachsenen unklar, und so erfährt der Leser eben Vieles nicht: weder wie es zu der Polykonstellation gekommen ist, noch wie die Regeln oder Absprachen der Beziehung waren, und man denkt zwangsläufig ein wenig darüber nach, wie sich die Welt für Kinder darstellt und was man ihnen vielleicht wie sagen oder zeigen könnte. In der Geschichte findet die Tochter die Erwachsenen eines Nachts überraschend zusammen in einem Bett schlafend vor; sie reagiert darauf mit einer unklaren Verstörung, traut sich nicht danach zu fragen oder weitere Nachforschungen anzustellen. Das fand ich etwas überdramatisiert, aber ansonsten fand ich die Geschichte sehr schön, da sie weniger problematisiert und mehr schöne Seiten aufzeigt als so manch andere Darstellung einer Dreiecksbeziehung. Auf jeden Fall finde ich sie sehr gut geeignet, um jemandem, der romantische Liebesgeschichten mag, das Thema unterzujubeln. Der Originaltitel dieser Kurzgeschichte ist „Love is not a pie“ (ungefähr: Liebe ist kein Zuckerschlecken), was der Geschichte irgendwie einen negativen Überhang gibt, den ich im Plot eigentlich nicht wiederfinde, der eigentlich eher Fröhlichkeit und Zuversicht vermittelt.
Im Buch finden sich leider einige Druck- und auch Übersetzungsfehler, was irgendwie den Eindruck vermittelt, es handele sich aus Verlagssicht um Schund… damit muss man wohl leben. Verständlich sind die Texte natürlich trotzdem.
„Wenn sie und mein Vater tanzten, kicherten meine Schwester und ich und mischten uns ein wie bei einem Federballspiel, in dem sie die Hauptakteure waren, wir aber willkommene Mitspieler. Wenn sie mit Mr. DeCuervo tanzte, setzten wir uns auf die Verandaschaukel oder standen ans Fensterbrett gelehnt da und schauten bloß zu, ohne einander einen Blick zu gönnen.
Sie tanzten nur die schnellen Tänze, und das, als hätten sie ihr Leben lang auf jedes Stück gewartet. Die Bewegungen meiner Mutter wurden inniger und flüssiger, und Mr. DeCuervo erwachte plötzlich zum Leben, als hätte ein Scheinwerfer ihn erfaßt. Mein Vater tanzte so, wie er war, warm, lärmend, aufdringlich und etwas überwältigend. Mr. DeCuervo aber, der gewöhnlich ruhig, nachdenklich und ernst war, wurde ein anderer, wenn er mit meiner Mutter tanzte. Sein Tanzen war leicht und glücklich und gefühlvoll, er trieb meine Mutter an, drehte sie, fügte sich jedem ihrer Schritte. Sie lächelten uns alle an, der Reihe nach, und dann blickten sie einander an, zu hingerissen, um zu lächeln.
„Tanz doch noch mal mit Daddy“ sagte meine Schwester und sprach für uns drei.“ (Seite 15f)
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