Archive for Mai, 2011

Infolgedessen

Mai 10th, 2011

Infolgedessen

Dein Herz steht leer wie ein verlassnes Haus,
das schöner ist als irgendein Palast.
Und doch blieb darin jeder nur ein Gast,
denn lange hält ein Mensch es dort nicht aus.

Weil jeder, der auf Dauer bleiben will,
erdrückt wird von den viel zu nahen Wänden.
Und nun stehst du ganz einsam da und still,
mit so viel Zärtlichkeit in deinen Händen.

 

von Momo

„Beziehungen“ und „Freundschaften“

Mai 9th, 2011

Viel bedeutender als die Möglichkeit, mehrere Menschen gleichzeitig zu lieben, ist meiner Meinung nach die Chance, Liebe als solche zu dekonstruieren und zu fragen: Worin unterscheiden sich eigentlich Liebe und Freundschaft? Was ist das, Liebe? Ich denke, dass Liebe letztlich nur die gesteigerte Sympathie und Zuneigung ist, die ich auch „Freund_innen“ gegenüber empfinde, und damit ist sie nicht mehr klar zu definieren. Es gibt natürlich Abstufungen, weil ich Menschen durchaus unterschiedlich gern hab, aber ich könnte nicht sagen: „Hier beginnt Liebe.“ Und genau genommen soll es darum im Grunde ja auch gar nicht gehen, denn wo einmal von Liebe gesprochen wird, darf alles andere überhaupt nicht mehr Liebe sein. Beschrieben wird nicht primär ein Gefühl, sondern viel mehr ein Zustand.
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Gegen die Liebe (3): Liebeskapitalismus

Mai 7th, 2011

Ein Text gegen den Mythos der Großen Liebe, gegen die kitschige, romantische, exklusive, heteronormative, in Schubladen gesteckte, besitzergreifende Liebe.

Teil 3 (Hier Teil 2 lesen): Das Prinzip von Angebot und Nachfrage in der Liebeskultur. Liebe als begehrtes Luxusgut und Ideen, wie wir alle Zuneigung und Zärtlichkeit im Überfluss haben können.

Die Liebeskultur erzeugt ein Wirtschaftssystem der Zuneigung. Denn indem sie Zuneigung und Zärtlichkeit idealisiert und gleichzeitig verknappt, schafft sie eine Mangelsituation und damit eine Nachfrage.

Unsere Kultur idealisiert die Liebe. Die Liebe ist alles, alle Zärtlichkeiten zusammen, alle Gefühls-Güter auf einmal. Sie ist eine Mine, ein Schatz an Zärtlichkeit und Zuneigung. Die Liebe wird also eine Form von Beziehung, die extrem ist, übermäßig begehrt und erträumt. Wenn man sie nicht hat, möchte man sie unbedingt haben. Wenn man sie hat, hat man furchtbare Angst, sie zu verlieren. Und wenn man sie nicht mehr hat, dann stirbt man – naja, fast.

Aber gleichzeitig ist die Definition von Liebe so eng gefasst, so anspruchsvoll, dass man Mühe hat, sie zu erfüllen.

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Gegen die Liebe (2): Liebeskitsch

Mai 6th, 2011

Ein Text gegen den Mythos der Großen Liebe, gegen die kitschige, romantische, exklusive, heteronormative, in Schubladen gesteckte, besitzergreifende Liebe.

Originaltext: La culture de l’amour von ‘Collectif‘, Ersterscheinung August 2003. Original in HTML-Version, PDF-Version. — Übersetzung aus dem Französischen von Chantilly

Teil 2 (Hier Teil 1 lesen): Klebrig-süße Liebesgeschichten umgeben uns überall. Doch wie geht’s eigentlich nach dem Happy End weiter? Was ist dran am Mythos Liebe?

Zwei Fragen quälen die kleine Lisa. „Du, Mama, warum gewinnen im Fernsehen immer die Guten?“ Das ist eine gute Frage, die verwinkelte Schemata und tiefergehende Geheimforschung verdienen würde. Aber hier ist sie uns weniger wichtig als die zweite: „Du, Opa, warum geht es in den Liedern im Radio immer um Liebe?“ Das stimmt, die Liebe wird ins Mikro gesungen, auf der Straße gesummt, man macht daraus Gold-Schallplatten, Love hier, Love da. „Aber warum singen die Sänger nicht vom Tod oder dem Meer oder der Macht oder der Geologie? Es gibt so viele Sachen!“ Opa wird antworten, Continue Reading »

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Gegen die Liebe (1)

Mai 5th, 2011

Ein Text gegen den Mythos der Großen Liebe, gegen die kitschige, romantische, exklusive, heteronormative, in Schubladen gesteckte, besitzergreifende Liebe.

Originaltext: La culture de l’amour von ‘Collectif‘, Ersterscheinung August 2003. Original in HTML-Version, PDF-Version. — Übersetzung aus dem Französischen von Chantilly

Teil 1: Die absurde Einteilung aller Zuneigung und Zärtlichkeit in zwei Begriffe: Liebe und Freundschaft. Dabei gibt’s doch so viel mehr… Und: die Liebe ist ein Gott und der Märchenprinz auf dem weißen Schimmel sein fleischgewordener Sohn.

Die Liebe und ihre Rollenbilder sind keine albernen Banalitäten, die man beiläufig verachten kann, sondern Träger von Leiden und Ausgrenzungen, die man bekämpfen muss…

„Sind sie in einer Liebesbeziehung?“

„Nein, ich würde nicht sagen, dass es Liebe ist. Es ist eher eine zärtliche Freundschaft, eine sexuelle Freundschaft, eine nette Seelenverwandtschaft, ich weiß nicht. Aber deshalb gleich von Liebe zu sprechen… der Begriff ist ein wenig zu bedeutungsschwer.“

„Liebe“ – ein bedeutungsschwerer Begriff, ein bisschen vage, eher schwierig einzugrenzen, relativ zerstörerisch. Man weiß nicht genau, wann man diesen Begriff benützen soll. Sicher nicht irgendwann. Continue Reading »

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