Warum Eifersucht eine großartige Gelegenheit ist

November 7th, 2013

Übersetzung des englischsprachigen Artikels „Why Jealousy Is a Wonderful Opportunity

von Louisa Leontiades (übertragen von Cloudy)

Warum Eifersucht eine großartige Gelegenheit ist

„Ich bin auch polyamor“, sagte ein Freund zu mir. „Aber nur in eine Richtung. Ich kann mir vorstellen, mit vielen Frauen zusammen zu sein, aber ich könnte es nicht ertragen, wenn meine Frau mit vielen Männern zusammen wäre. Ich bin eben ein eifersüchtiger Mensch.“

Dieser Freund hat einen IQ von 145. Das bedeutet, sein Verstand funktioniert besser als bei 99% der Bevölkerung. Aber mit diesen 6 Worten lehnte er es rundweg ab, sich weiterzuentwickeln und seine emotionalen Probleme zu lösen. Und das bedeutet, er ist – meiner Meinung nach – ein Trottel.

Eifersucht und der Reptilienverstand

Der Eifersuchtsimpuls kommt aus dem Reptiliengehirn – dem unbewussten und ältesten Teil des Gehirns, der für das Überleben zuständig ist. Der rationale Verstand versucht dann, die Angst zu objektivieren, die man erlebt, wenn der Reptilienverstand eine Bedrohung wahrnimmt.

Der Kampf ums Überleben beansprucht unseren Reptilienverstand die ganze Zeit. Im Jahr 2001 legte David Icke* dar, wie Impulse des Reptilienverstands sich als „Territorialverhalten“ und „Wille zur Macht“ (der Stoff, aus dem klassischen Hollywood- Filme sind) manifestieren. Und doch können wir unserem Reptilienverstand nicht vertrauen, das Beste für unser Überleben zu tun. Er verhält sich nach alten Mustern, die durch Ereignisse in der Vergangenheit angelegt wurden, die vielleicht oder vielleicht auch nicht Einfluss darauf haben, wie wir uns in modernen Zeiten oder als Erwachsene bewegen.

Wenn der Reptilienverstand ohne Kontrolle durch den rationalen Verstand die Führung übernehmen dürfte, würde es unsere Gesellschaft, wie wir sie kennen, zerstören ; in der Tat ist es das, was in der Vergangenheit (und in einigen Gebieten der Welt auch heute noch ) Völker in Krieg und Zerstörung getrieben hat. Um die Impulse unseres Reptilienverstandes zu regulieren haben wir uns Gesetze gegeben, die von unserem rationalen Verstand geschaffen wurden. Denn der rationalen Verstand weiß – zum Beispiel – dass sich gegenseitig zu töten, um ein Territorium zu verteidigen, nicht nützlich für das Überleben ist – in der Tat ist es das Gegenteil von Überleben. Aber manchmal setzt sich das Reptil in uns selbst über Gesetze hinweg, um seinen Willen zu bekommen. Eifersucht ist ein weiterer Mechanismus, der dem Überleben in keinster Weise nützlich ist. Kurz gesagt sind diese Reptilienimpulse (die immer noch für viele Tiere überlebenswichtig sind ) normalerweise nicht mehr nützlich für erwachsene Menschen, um zu überleben .

Eifersucht in Beziehungen

In jeder Beziehung bedeutet Eifersucht, dass der Verstand beschlossen hat, die andere Person zum Überleben zu brauchen, weil er denkt, er würde ohne sie unvollständig. Eifersucht ist die Kehrseite der Unsicherheit, und diese wird erlernt. Aber aus welchen alten Mustern kommt sie? Unsicherheit entspringt in der Kindheit. Sie manifestiert sich in der Zeit des Aufwachsen und der Trennung von der Mutter (die vorher ein Teil von einem war). Der Verstand nimmt das als Verlust des Selbst wahr und schafft Unsicherheit als Mittel zum Überleben. Denn wenn die Mutter verschwinden würde, bevor man in der Lage ist, sich selbst zu versorgen, könnte das den Tod bedeuten. Aber dieses Muster, das sich in unseren prägenden Jahren gründet, nutzt uns als Erwachsenen nicht mehr. Jemanden zu verlieren bedeutet für uns nicht mehr den Tod. Rational wissen wir das. Und doch verstärken wir es mit jeder weiteren Beziehung (einige Idioten singen sogar noch darüber).

Für mich geht es bei einer polyamoren Beziehungen um eine bewusste Wahl, aber selbst diejenigen, die es sich nicht so ausgesucht haben sagen, dass eine solche Offenheit eine konstante Überprüfung der Beziehung mit sich bringen muss. Sie ist eine emotionale Herausforderung. Eifersucht ist ein Symptom von zugrunde liegenden Problemen der eigenen Unsicherheit und Angst. Die Frage ist: Vor was? Ist die Beziehung in Gefahr zu zerbrechen? Dann schreit die Eifersucht: „Wach verdammt nochmal auf und arbeite daran!“ Und wenn die Beziehung in Ordnung ist (ob polyamor oder anders), dann zeigt sie, dass es ein tiefer vergrabenes Problem mit dem Selbstwertgefühl gibt. Wie viel glücklicher wäre man, wenn man anfangen würde, dieses Problem anzugehen! In jedem Fall ist die Eifersucht weit davon entfernt, ein Dämon zu sein. Sie ist viel eher eine verdammt gute Gelegenheit. Ich öffne also meine Arme weit und sage zur Eifersucht: „Willkommen, alte Freundin, ich bin so froh, dass du hier bist. Was ist es, woran ich arbeiten sollte?“

Ist es also nicht schade, dass in unserer Gesellschaft die Eifersucht – so ein großartiges Alarmsignal – unterdrückt wird, oder noch schlimmer: als gut/richtig/normal gilt? In vielen Fällen, wie bei meinem oben zitierten Freund, wird Eifersucht wie ein Ehrenabzeichen zur Schau getragen – „Ich bin ein eifersüchtiger Mensch.“ Das ist wie wenn man sagt: „Ja, meine Unsicherheit ist eine tolle Sache. Ich mag es, sie zu nähren und habe nicht die Absicht, sie aufzulösen. In der Tat kritisiere und unterdrücke ich lieber andere beim Versuch, meine Unsicherheit noch zu verstärken.“ Wir leben in einem Paradies der Trottel, wo emotionale Intelligenz gelobt wird und es trotzdem keine Struktur gibt, um sie zu entwickeln. Unsere Gefühle sind uns unbequem, deshalb vermeiden wie es, uns ihnen zu stellen. Wir krönen unser Erwachsenwerden durch das Erlernen von Autofahren, von Sex und von Alkohol trinken. Und dann verdrängen wir die Werkzeuge, die uns unser Verstand zur Verfügung stellt, die uns helfen würden, tatsächlich erwachsen zu werden.

Originalbeitrag:
http://www.huffingtonpost.co.uk/louisa-leontiades/jealousy-in-relationships_b_4168567.html

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* Anmerkung der Übersetzerin: Vorsicht, Triggerwarnung! David Icke ist ein britischer Publizist und ehemaliger Fußball-Profi. Nach einem kurzen Ausflug in die Politik als Pressesprecher der englischen Grünen vertritt er als Buchautor und Redner seit Mitte der 1990er Jahre rechtsesoterische Verschwörungstheorien.